Die Saat - Tödliche Macht: Kritik zur sechsteiligen Thriller-Miniserie (2024)

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Von: Reinhard Prahl

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Die Saat - Tödliche Macht: Kritik zur sechsteiligen Thriller-Miniserie (1)

In der sechsteiligen deutsch-norwegischen Thriller-Miniserie „Die Saat - Tödliche Macht“ in der ARD brilliert Heino Ferch an der Seite von Ingrid Bolsø Berdal. In düsteren Bildern entführt uns die Geschichte in eine Welt der Korruption, Machtgier und Skrupellosigkeit.

Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!

Das passiert in der Serie „Die Saat - Tödliche Macht“

Der Umweltaktivist Victor Vegener (Jonathan Berlin, „Tannbach“) steht kurz davor, die skrupellosen Machenschaften des deutschen Großkonzerns BSG aufzudecken, die Milliarden mit Pestiziden und Düngemittel verdienen, aber verschweigen, dass sie schon seit Jahrzehnten über ein äußerst widerstandsfähiges Saatgut verfügen.

Als der junge Mann nach einem Versuch, in den Svalbard Global Seed Vault auf Spitzbergen einzudringen, spurlos verschwindet, ruft dies seinen Onkel Max Grosz (Heino Ferch, „Spuren des Bösen“), einen Münchener Polizeiausbilder auf den Plan.

Während seiner Ermittlungen auf der Insel freundet er sich mit seiner norwegischen Kollegin Thea Koren (Ingrid Bolsø Berdal, Westworld) an, die ihn unterstützt und mit ihm auf ein verschwörerisches Netz von Korruption und Lügen stößt. Der Drahtzieher hinter den Ereignissen um das unverwüstliche Saatgut scheint der vorgebliche Unternehmensberater Jon Hoffmann (Rainer Bock, Das Boot) zu sein, der für den BSG-CEO Sven Benjamin (Seumas F. Sargent, A Thin Line) arbeitet.

Doch welchen Geheimnissen war Victor noch auf der Spur und was hat der Journalist Johann Myers (Ian Ramis, The Wheel of Time) damit zu tun? Welche Rolle spielt die EU-Politikerin Jule Kronenberg Friederike Becht, Schneller als die Angst) und wie fügt sich die Biologin Faiza (Jasmina Al Zihairi in die Geschehnisse ein?

Das Aufholen hat begonnen

Wer heute noch glaubt, dass die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten kein gutes Fernsehen können und nur Netflix und Co die TV-Weisheiten der guten Unterhaltung verinnerlicht haben, hat in den letzten Monaten eine ganze Menge verpasst.

In der ZDFmediathek ist zum Beispiel die starke deutsche Horrorserie Was wir fürchten genauso zu finden (hier geht es zu unserem Review) wie die deutsch-italienische Ko-Produktion Survivors, die im Verlauf ihrer zwölf Folgen immer besser wird. In der ARD-Mediathek überzeugen derweil Totenfrau, Arcadia oder neuerdings Die Saat - Tödliche Macht aus der Feder von Christian Jeltsch, den man bislang eher aus Serien wie „Kommissarin Lucas“ kennt.

Wie die oben genannten Produktion hat die norwegisch-deutsche Wirtschafts-Thrillerserie ihrer alteingesessenen Krimikonkurrenz vornehmlich eins voraus: eine starke Geschichte mit internationalem Flair und stark geschriebenen, glaubwürdigen Figuren.

Die Hauptfiguren

Die Saat - Tödliche Macht: Kritik zur sechsteiligen Thriller-Miniserie (2)

Die Wege der beiden Hauptcharaktere Max Grosz und Thea Koren sind bis zu ihrem schicksalhaften Zusammentreffen als andere als gerade verlaufen. Thea verlor im fünften Schwangerschaftsmonat ihr Kind und trauert noch immer um den Verlust, Max' Neffe Victor spendete ihm eine Niere und schenkte ihm damit ein neues Leben.

Wer die Figuren nun aber für ähnlich zwanghaft dysfunktional wie etwa Dortmunds Tatortkommissar Peter Faber (Jörg-Hubert Hartmann hält, irrt. Wo die Drehbuch-Autoren auf der einen Seite oft maßlos übertreiben, gelingt es Jeltsch und seinem Team hier allerdings, zwei Menschen mit nachvollziehbaren Gefühlen, Motiven und einer verständlichen emotionalen Nähe zueinander ins Rennen zu schicken.

Zu verdanken ist dies nicht nur der durchdachten Figurenzeichnung, sondern auch Heino Ferch und seiner Kollegin Ingrid Bolsø Berdal. Die Schauspielenden harmonieren auf dem Bildschirm hervorragend miteinander. Irgendwie knistert es zwischen den beiden Polizisten, wobei man sich als Zuschauender nie wirklich sicher sein kann, ob aus ihnen am Ende etwas wird.

Die Serie lässt diese Frage, die im Gesamtkontext zudem nur einen kleinen Nebenschauplatz abdeckt, erstaunlich erfrischend offen. Zwar kehrt Max nach Spitzbergen zurück, doch die beiden leidgeprüften Menschen, die so viel miteinander durchmachten, fallen sich nicht in die Arme oder küssen sich gar. Als gestandene Personen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, verstehen sie sich ganz ohne große Zuneigungsgesten. Ein nahes Beisammensitzen an Theas persönlichem Ort der Trauer reicht vollkommen aus, um die Zuneigung, die sie füreinander empfinden, zu transportieren.

Die Nebenfiguren

Zu diesem starken Team gesellt sich in Die Saat - Tödliche Macht eine Riege von Nebenfiguren, die sich konträr gegenüberstehen und ein großes Konfliktpotential offenbaren. Da ist zum Beispiel Benjamin, der CEO des deutschen Pestizid- und Düngemittelherstellers BSG, der mit einer wirtschaftlichen Megafusion ein Machtmonopol auf dem Welternährungsmarkt anstrebt. Um sein Ziel zu erreichen, ist ihm beinahe jedes noch so skrupellose Mittel recht, wobei bis zum Ende nie klar wird, ob er aus Gier handelt, oder in Wirklichkeit eine bessere Zukunft für die Menschheit im Sinn hat.

Geht es nach dem Journalisten Johann Myers, ist Benjamin nur ein von Machtgier zerfressener Mann, der die Veröffentlichungen seiner Recherchen vor Jahren verhinderte und dessen Reputation vernichtete. Die EU-Politikerin Mel O'Connor (Rosemarie La Vaullée) sieht in dem jungen Magnaten aber vielmehr einen Visionär und Friedensstifter, der die Monopolstellung benötigt, um einen Wundersamen mit der gesamten Welt teilen zu können.

Die Antwort auf die Frage, was letztlich zutrifft, ist nicht so einfach zu finden, wie man womöglich denkt. Zwar lässt Benjamin seinen kaltblütigen Handlanger Jon Hoffmann im Minutentakt Existenzen zerstören, Menschen erpressen und bedrohen. Doch das Motiv, das 20 Jahre unter Verschluss gehaltene Saatgut ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen und seinen Vater zu rehabilitieren, scheint echt zu sein.

Wirtschaftsthriller

Die Saat - Tödliche Macht: Kritik zur sechsteiligen Thriller-Miniserie (3)

Verpackt sind die oben erwähnten menschlichen Schicksale in „Die Saat - Tödliche Macht“ in einer mitreißend geschriebenen Wirtschafts-Thrillerserie, in der Schachzüge, Spitzfindigkeiten, politische Ränkespiele um Macht und Einfluss für ein durchgehend spannungsgeladenes Umfeld mit unverkennbaren Nordic-Noir-Elementen sorgen. Der Handlungsort Spitzbergen mit dem Svalbard Global Seed Vault bildet dabei ein erschreckend realistisches Szenario, in dem es um nichts Geringeres als die Ernährung der Welt in der Zukunft durch einige wenige mächtige Agrar-Konzerne geht.

Der nahezu grenzenlosen Macht steht hier lediglich die mutige Handlungsweise einiger Weniger gegenüber, die für ihre Taten einen hohen Preis zahlen. Die Agenda der Figuren ist indes nicht unbedingt immer deckungsgleich. Max sucht und findet seinen Neffen, doch er wird vor seinen Augen von der brutalen Söldnerin Tess (Laura de Boer) erschossen, die wiederum sowohl für Benjamin als auch für dessen größten Konkurrenten arbeitet.

Johann will sich rehabilitieren, der Biologe und Erfinder des Saatguts Iona namensOmar (Husam Chadat) ein neues Forschungszentrum in Aleppo aufbauen. Lediglich Victor und die EU-Politikerin Jule handeln aus Idealismus, was den einen das Leben und die andere die Karriere kostet. Dass der Handlungsrahmen, in dem die Figuren agieren, auch noch wendungsreich und bildstark ist, erhöht die Schauwerte last, but not least nur noch weiter.

Fazit

„Die Saat - Tödliche Macht“ ist mitreißend und motiviert erzählt, thematisch interessant und punktet mit einem typischen, routiniert visualisierten Nordic-Noir-Look. Heino Ferch und Ingrid Bolsø Berdal harmonieren großartig und erweisen sich als perfekte Wahl für die Besetzung der Hauptfiguren.

Unterstützt werden sie von einem internationalen, gut gewählten Ensemble, in dem sich vermeintliche Nebenfiguren als Strippenzieher entpuppen und Motive wie im wahren Leben verschwimmen können. Die Produktions-Standards halten dem Vergleich ähnlich gelagerter Serien der großen Streaming-Anbieter locker stand und die Länge der Geschichte erweist sich ebenfalls als richtige Entscheidung. Dafür gibt es von uns

viereinhalb von fünf Punkten.

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Author: Francesca Jacobs Ret

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